der koffer, den ich nie benutzte.
oder: Handgepäck, ja, aber bitte auf dem Rücken.
Damals, 2015, als Dr. S. und ich die ersten Male auf gemeinsame Reisen aufbrachen, war mir der Begriff »Handgepäck« zwar bekannt, aber ich habe ihn eher mit gestressten Geschäftsleuten verbunden, die mit dem Flugzeug von Ort A nach B jetten und dafür nur ihren Aktenkoffer ins Gepäckfach werfen. Diese »Handgepäck«-Sache war für mich wahrscheinlich auch einfach nie präsent, weil ich bis 2015 die Anzahl meiner Flugreisen an einer halben Hand abzählen konnte.
Auch für Dr. S. und mein erstes little escape Abenteuer nach Den Haag spielte der Begriff »Handgepäck« keine Rolle für mich – denn für die paar Tage braucht man ja auch kein großes Gepäck, Rucksack reicht.
Das war eigentlich auch schon meist meine Einstellung – so wenig Gepäck wie möglich. Gut, abgesehen vielleicht von einem Trip nach Kroatien mit einer Freundin, in der ich den größten Koffer vollgepackt hatte, den ich hatte finden können. Ich glaube, zum großen Teil liegt das daran, dass wir mit der Familie früher immer Wohnmobilurlaub gemacht haben – und in so ein Wohnmobil (anfangs sogar nur ein VW-Bus) kann man eben nicht sonderlich viel mitnehmen, vor allem nicht, wenn man zu fünft unterwegs ist. Und zu einem anderen, kleineren Teil daran, dass ich einfach keine Lust habe, große Koffer durch die Gegend zu zerren.
An sich sollte man also meinen, dass das Reisen mit Handgepäck mir entgegenkommt
– und das tut es ja auch eigentlich -, aber es war für mich trotzdem ein relativ großer Schock, als Dr. S. für unseren ersten »richtigen« gemeinsamen Urlaub den Flug nach Portugal einfach nur mit Handgepäck buchte.
Die ganze Geschichte gibt es hier zu lesen, aber den wichtigen Auszug möchte ich an dieser Stelle nicht vorenthalten:
Wie das so ist – gerade am Anfang muss man sich gegenseitig besser kennenlernen. Eine interessante Tatsache über Dr. S. lerne ich kennen, als wir die Flüge buchen und er einfach über den Punkt “Gepäck?” wegklickt.
Etwas irritiert frage ich: “Wir fliegen wohl ohne Gepäck?”
Worauf ich nur einen verständnislosen Blick und ein “Na klar!” ernte.
Hätten wir das also auch geklärt.
Im ersten Moment jagt mir der Gedanke, nur mit Handgepäck in ein Flugzeug zu steigen und nach Portugal zu fliegen einen gehörigen Schrecken ein. Wie soll ich bitte meine Kosmetikartikel in Handgepäcksgröße bekommen, wo bekomme ich so einen 1-L-Beutel her, und vor allem: in meinen festgefahrenen Gedanken gibt es nur die Option “Handgepäckskoffer” – und so eine habe ich nicht!
Ich gehe also einen Handgepäckskoffer kaufen. {Spoiler: – den ich allerdings nie benutzen werde}
Denn Dr. S. erwähnt irgendwann nebenbei “Du hast aber schon einen Rucksack, oder?”
So kam es also, dass ich einen Handgepäckskoffer zu Hause stehen hatte, aber trotzdem nur mit Rucksack ins Flugzeug nach Faro, Portugal, stieg.

Den Koffer gab ich nicht zurück – der Hauptgrund dafür wahrscheinlich Faulheit, aber die kann man ja so wunderbar rechtfertigen mit Sätzen wie »irgendwann werde ich den sicher noch brauchen« und »wenn ich öfter dienstlich verreise, ist so ein Koffer sicherlich praktischer als ein Rucksack« und »schadet ja nie, so einen Koffer zu haben«.

Tja. Im Sommer 2020 habe ich den Koffer schließlich wieder verkauft.
Ohne ihn jemals selbst benutzt zu haben.
Eine Freundin nahm ihn mal auf eine Dienstreise mit, Dr. S. ebenfalls. Und ja, vielleicht habe ich ihn auch mal an sich benutzt, während eines Umzugs oder so. {Fun Fact: Dr.S. hat sich sogar irgendwann selbst mal einen Handgepäckskoffer gekauft, der kam aber tatsächlich öfter zum Einsatz – dann aber interessanterweise eher als Aufgabefgepäck, als für mit ins Flugzeug.}
Aber für Reisen, genauer: Flugreisen? Dafür habe ich ihn wirklich nie benutuzt – und einfach mal fünf Jahre einen Koffer besessen, den ich nie benutzt habe. Stattdessen reise ich wirklich ausschließlich mit Rucksack – zuerst mit einem Rucksack, der noch aus dem Fundus meiner Eltern stammt, später dann mit meinem Osprey.
Was ich mit diesem Beitrag sagen will?
Danke, lieber Koffer, dass es dich gab – dass du so geduldig in diversen Ecken in verschiedenen Wohnungen ausgeharrt und auf deinen Einsatz gewartet hast.

Ich hoffe, dein:e neue:r Besitzer:in gibt dir nun die Möglichkeit, endlich die große, weite Welt zu entdecken!